Und ich habe mal wieder Grund, hier was zu posten:
Heute abend erwartet die Besucher des Westfalenstadions eine echte Premiere - und ich rede hier ganz bestimmt nicht von diesem neuen Ruhrkohle-Logo als Sponsoraufdruck auf dem Dortmunder Trikot - nein, heute abend erfolgt ein regelrechter Paradigmenwechsel, eine neue Zeit wird anbrechen und ein weiteres Tabu fällt:
Zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Fußballs wird eine Frau eine offizielle (Schiri-)Funktion bei einem Bundesligaspiel haben: Der Begriff "Vierter Mann" ist am Freitag Unfug. Im Schiedsrichter-Team Peter Sippels wirkt Bibiana Steinhaus (28) auf der Position zwischen den Trainerbänken mit. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Job des vierten Offiziellen sehr ernst zu nehmen ist. Ich freue mich auf die Aufgabe", sagt die Polizistin. Zum kompletten Glück fehlt jetzt nur eine weitere Premiere im deutschen Profibereich: ihr Einsatz, der erster einer Frau, als Spielleiterin in der Zweiten Liga, zu deren Schiedsrichter-Kader sie seit dieser Saison gehört!
Warten wir also mal ab, was passiert. Jedenfalls wieder ein netter "B-Rekord", wie ich sowas nenne, für den BvB, der ja schon das erste Bundesligator überhaupt erzielte und als erste deutsche Mannschaft einen Europapokal gewann.
So, nachdem die erste Frau in offizieller Funktion bei einem Fußballspiel uns offensichtlich Glück gebracht hat, ist es Zeit, den zurückliegenden Spieltag ein wenig Revue passieren zu lassen.
Borussia Dortmund hat sich also, für mich persönlich recht überraschend, klar mit 3:0 gegen Werder Bremen durchgesetzt und sprang am Freitag abend damit kurzzeitig auf den zweiten Tabellenplatz. Nachdem die restlichen Spiele absolviert wurden, reicht es nunmehr zwar nur noch für Platz vier, aber man befindet sich mit zwei Punkten Rückstand auf den an Platz eins verweilenden FCB in Schlagdistanz zur Tabellenspitze. Durch das 1:1 der Pest gegen die Cholera hält man die königsblaue Vizetruppe nun auf einem beruhigenden drei-Punkte-Abstand, da Duisburg und Bochum ihre Spiele verloren haben, gilt bis mindestens kommendes Wochenende: Die Nummer eins im Pott sind wir! Sachkundige Leser wissen um die Bedeutung dieser Aussage
Das eigentliche Überraschungsergebnis war im Nachhinein jedoch das 1:2 des Karlsruher SC in Wolfsburg! Wer mitbekommen hat, wieviel Geld für wieviel neue Spieler die VW-Werkstruppe vor der Saison rausgehauen hat, wird nicht umhin kommen, den Saisonstart angesichts dessen als ziemlich hinüber zu titulieren.
Die Tabelle stellt sich nach dem jetzt absolvierten, fünften Spieltag wie folgt dar: 1 Bayern München 2 Arminia Bielefeld 3 Eintracht Frankfurt 4 Borussia Dortmund 5 Hertha BSC Berlin 6 Karlsruher SC 7 Bayer Leverkusen 8 Schalke 04 9 VfB Stuttgart 10 Hamburger SV 11 VfL Bochum 12 Hannover 96 13 Werder Bremen 14 MSV Duisburg 15 1. FC Nürnberg 16 VfL Wolfsburg 17 Energie Cottbus 18 Hansa Rostock
Am morgigen Dienstag startet, darüber hinaus, die UEFA-Champions-League, es stehen - mit deutscher Beteiligung - die Partien Schalke 04 gegen FC Valencia und Real Madrid gegen Werder Bremen an. Ebenfalls beginnen wird der UEFA-Pokal, hier spielen Bayer Leverkusen gegen Uniao Leiria, Bayern München gegen Belenenses Lissabon, 1. FC Nürnberg gegen Rapid Bukarest und Litex Lowetsch gegen den Hamburger SV.
Näheres hierzu und hoffentlich auch wieder Bilder zum zurückliegenden Dortmunder Heimspiel demnächst hier
Da geht man zum ersten Mal seit fünf Jahren mit seinem Vater in's Stadion und dann sowas ARBEITSVERWEIGERER! NICHTSNUTZE! TRAININGSWELTMEISTER! DRECKSPACK!
Und jetzt gehe ich schlafen und träume von besseren Zeiten
Angesichts der Träume von besseren Zeiten wird es an dieser Stelle mal wieder Zeit für eine kleine, träumerische Liebeserklärung...
Vor einem halben Jahr unterzeichnete ein Hamburger, in dessen sportlicher Leitung wir heute stehen, einen Trainervertrag bei Borussia Dortmund. Er kam wie ein freudiger Tagesanbruch nach der langen Nacht der Erfolglosigkeit. Aber ein halbes Jahr später ist der Erfolg immer noch nicht da. Ein halbes Jahr später ist das Leben des Fans immer noch bestimmt durch Schmähungen der Niederlage und Schmerzen der Erfolglosigkeit. Ein halbes Jahr später schmachtet der BVB immer noch am unteren Ende der Bundesligatabelle und befindet sich selbst im eigenen Stadion auf der Verliererstraße. Deshalb gehe ich heute abend wieder ins Westfalenstadion, um eine schändliche Situation zu korrigieren. In gewissem Sinne fahre ich jedesmal ins schönste Stadion dieses Landes, um einen Scheck einzulösen. Es ist heute offenbar, dass Borussia Dortmund seinen Verbindlichkeiten größtenteils nachgekommen ist, soweit es die vielen Gläubiger betrifft. Statt aber auch seine "heiligen Verpflichtungen" zu erfüllen, hat der BVB den Fans einen Scheck gegeben, der mit dem Vermerk zurückgekommen ist: „Keine Deckung vorhanden“. Aber ich weigere mich, zu glauben, dass die Bank des gepflegten Fußballspiels bankrott ist. Ich weigere mich mit 18 Jahren Dauerkarte hintereinander zu glauben, dass es nicht genügend Gelder in den großen Talenten der Kicker in dieser Stadt gibt. Also gehe ich zu diesem Spiel um diesen Scheck einzulösen, einen Scheck, der mir auf Verlangen die Reichtümer der Bundesligasiege und die Sicherheit des einstelligen Tabellenplatzes geben sollte. Ich bin auch zu dieser denkwürdigen Stätte gekommen, um die BVB-Spieler an die grimmige Notwendigkeit des Jetzt zu erinnern. Jetzt ist nicht die Zeit, in der man sich den Luxus einer „lässigen Spielweise“ gegen den VfL Bochum leisten oder langsam neben seinem Gegner hertraben kann, Herr Wörns. Jetzt ist die Zeit, die Versprechungen der Vorbereitungszeit Wirklichkeit werden zu lassen. Jetzt ist die Zeit, aus dem dunklen und trostlosen Tal des Tabellenkellers aufzubrechen und den hellen Weg zurück in einstellige Tabellengefilde zu beschreiten. Jetzt ist die Zeit, diesen Verein aus dem Treibsand sportlicher Fehlleistungen zu dem festen Felsen des Erfolges emporzuheben. Jetzt ist die Zeit, Gerechtigkeit für alle BVB-Fans werden zu lassen. Es wäre verhängnisvoll für diesen Fußballverein, wenn die elf Spieler auf dem Rasen nicht die Dringlichkeit der gegenwärtigen Lage wahrnehmen würde. Dieser heiße Sommer transferpolitischer Zufriedenheit der Vereinsverantwortlichen ist zu Ende gegangen, ein stürmischer Herbst voller Einsatz- und Siegeswille muss beginnen. Der wunderbare, neue kämpferische Geist, der die Gemeinschaft der BVB-Fans letzte Saison erfasst hat, darf nicht dazu verleiten, allen Vereinsverantwortlichen zu misstrauen. Denn viele der Watzkes und Co. — das beweist ihre Anwesenheit heute — sind zu der Einsicht gekommen, dass ihre Zukunft mit der des Vereins untrennbar verbunden ist. Sie sind zu der Einsicht gelangt, dass ihr Erfolg und Zufriedenheit von der des Vereins und seiner Fans nicht zu lösen ist. Die Süd kann nicht allein marschieren. Heute sage ich, trotz der Schwierigkeiten von heute und morgen habe ich einen Traum. Es ist ein Traum, der tief verwurzelt ist im Leben und Dasein als Fan. Ich habe einen Traum, dass eines Tages der BVB sich erheben wird und der wahren Bedeutung seines Credos gemäß leben wird: „Wir halten vorbildlichen Einsatzwillen für selbstverständlich: dass alle Kicker mit gleichem Einsatz den Sieg wollen.“ Ich habe einen Traum, dass alle kleinen Kinder in schwarz-gelb eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie aufgrund ihres schwarz-gelben Trikots bewundert und achtet, und alles blau-weiße und rote verschwindet in den Tiefen der bundesdeutschen Müllbeseitigung. Das ist meine Hoffnung. Mit diesem Glauben gehe ich ins Westfalenstadion. Mit diesem Glauben werde ich fähig sein, aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu hauen. Mit diesem Glauben werde ich fähig sein, die schrillen Missklänge in unserem Verein in eine wunderbare Symphonie der Brüderlichkeit und des Erfolges zu verwandeln. Mit diesem Glauben werden die Fans fähig sein, zusammen zu arbeiten, zusammen zu singen, zusammen zu kämpfen, zusammen zum Bierstand unter der Süd zu gehen, zusammen für den BVB aufzustehen, in dem Wissen, dass wir eines Tages wieder obenauf sein werden. Das wird der Tag sein, an dem alle Fans des BVB weltweit diesem Lied eine neue Bedeutung geben können: „Nur der BVB, unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz.“ Soll die Bundesliga wieder eine große Liga in Europa werden, dann muss dies wahr werden. So lasst die BVB-Gesänge erschallen von den gewaltigen Gipfeln der Südtribüne, der schwarz-gelben Wand, diesem Bollwerk aus Liebe und Hingabe zum BVB. Lasst die BVB-Gesänge erschallen von den mächtigen Bergen der Nordtribüne, lasst die BVB-Gesänge erschallen von den hohen Türmen der Westribüne. Lasst die BVB-Gesänge erschallen von den schneebedeckten Rocky Mountains der Osttribüne. Lasst die BVB-Gesänge erschallen von den geschwungenen Hängen des Borsigplatzes. Aber nicht nur das, lasst die BVB-Gesänge erschallen in jedem Auswärtsspiel des BVB. Lasst die BVB-Gesänge erschallen von jeder Tribüne in jedem Stadion der Republik, in dem eine BVB-Mannschaft um Punkte spielt, von jeder Erhebung lasst die BVB-Gesänge erschallen.
Wenn wir die BVB-Gesänge erschallen lassen — wenn wir sie erschallen lassen in jedem Stadion, auf jedem Aschenplatz, auf allem, was auch nur ansatzweise nach Fußballplatz aussieht, dann werden wir den Tag beschleunigen können, an dem alle BVB-Fans — egal woher — sich die Hände reichen und die Worte aus erfolgreichen Zeiten singen können: „Deutscher Meister wird nur der BVB, nur der BVB, nur der BVB!“
So, warten wir also mal ab, was heute abend passiert. Gegner ist der VfL Bochum, also das "B1-Derby" oder auch "das kleine Derby" genannt, in der Tabelle direkt neben uns, ebenfalls neun Punkte. Anstoß um halb neun, also ein Flutlichtspiel.
Es ist doch immer noch schön, daß es Liebeserklärungen gibt, die was zu nützen scheinen. In Unterzahl das B1-Derby zu gewinnen, bringt erstens mal drei dringend benötigte Punkte, zweitens eine gewisse Reputation und drittens den angestrebten Nervenkitzel, wenn man 35 Minuten einen Spieler weniger auf dem Platz hat. Genau so soll es laufen! Es folgt nunmehr ein Pokalheimspiel gegen Eintracht Frankfurt und dann eine Bundesligaauswärtspartie gegen Bayer Leverkusen. Sodann am 27.10.07 das Spiel der Spiele, in dem man sowieso nur gewinnen kann, wenn die dunkle Seite der Macht bei uns aufläuft
ÜBRIGENS: Der 2:1-Erfolg der Dortmunder setzt eine kuriose Serie in Thomas Dolls Amtszeit in Dortmund fort: U nter der Leitung des ehemaligen Hamburgers hat Dortmund in 18 Spielen nur ein einziges Mal unentschieden gespielt - bei seinem Debüt gegen den 1. FC Nürnberg. In den letzten 17 BVB-Partien gab es dann immer einen Sieger. Neun Mal siegten die Dortmunder, acht Mal gingen sie als Verlierer vom Platz.
Hier mal was unterhaltsames zum am kommenden Sonntag steigenden "Spiel der Spiele". Zu verlieren hat man, wie immer, gar nichts, dafür aber alles zu gewinnen...
Respekt ist angebracht, mehr aber auch nicht, vor dem Gastspiel des Bundesliga-Tabellenführers im ausverkauften Westfalenstadion. Hier hat Borussia Dortmund in den letzten Jahren gegen die Bayern immer gut ausgesehen und nur eines der letzten fünf Heimspiele verloren. An diese Serie wollen die Schwarzgelben am Sonntag anknüpfen.
Ein kleiner, historischer Ausblick:
19.04.2003 BVB - FC Bayern 1:0 (0:0) AMOROSO BEHÄLT DIE NERVEN Marcio Amoroso ließ die 68.600 Fans im ausverkauften Westfalenstadion jubeln, als er in der 61. Minute einen von Robert Kovac verschuldeten Handelfmeter in den Maschen versenkte. Oliver Kahn im Bayern-Tor besaß keine Abwehrchance. Das Duell zwischen dem alten und dem neuen Meister war keineswegs eine hochklassige Partie. In der ersten Halbzeit fehlten hochkarätige Torszenen beinahe ganz, in der zweiten Hälfte brachte erst der berechtigte Elfmeter Leben ins Spiel.
17.04.2004 BVB - FC Bayern 2:0 (0:0) GAMBINOS GROSSE SHOW "Mann des Tages" im ausverkauften Westfalenstadion war Salvatore Gambino, der den Elfmeter zur 1:0-Führung durch Ewerthon (55.) herausgeholt und beim 2:0 durch Wörns (61.) einen Eckball getreten hatte. Zudem wurde der Deutsch-Italiener in der 68. Minute von Ballack gefoult. Der Münchner sah daraufhin die Gelb-Rote Karte - der BVB brachte den Sieg sicher über die Zeit.
18.09.2004 BVB - FC Bayern 2:2 (1:0) DEN SICHEREN SIEG VERSPIELT Bis zur 88. Minute führte der BVB vor 83.000 Zuschauern bei schönstem Sommerwetter mit 2:0 - und musste nach einem dramatischen Finish noch zwei der drei sicher geglaubten Zähler herschenken. Ewerthon sorgte vor der Halbzeitpause (44.) nach einem herrlichen Alleingang für die Führung und traf in der 69. Minute mit einem verwandelten Foulelfmeter zum 2:0. Kurz vor Schluss (88.) traf Lucio zum Anschluss, zwei Minuten später Makaay zum Ausgleich.
17.12.2005 BVB - FC Bayern 1:2 (0:0) RIESENCHANCEN VOR DER PAUSE Trotz des Fehlens von Wörns, Dede, Rosicky und Koller bot der jüngste BVB aller Zeiten den Bayern einen großen Kampf. 81.000 Zuschauer im ausverkauften Westfalenstadion sahen ein kampfbetontes Spiel, in dem die Borussen zur Pause hätten führen können. Doch Hargreaves klärte Hünemeiers Kopfball auf der Linie (42.), Kringe traf den Pfosten (45.). In der zweiten Halbzeit schossen Karimi (52.) und Pizarro die Bayern mit 2:0 in Front. Der Anschlusstreffer von Kringe (79.) kam zu spät. In der letzten Minute sah der eingewechselte Kosi Saka nach einer angeblichen Notbremse die Rote Karte.
26.01.2007 BVB - FC Bayern 3:2 (1:2) ZWEI TORE IN ZWEI MINUTEN Der Tempel an der Strobelallee erbebte in seinen Grundfesten, als Schiri Manuel Gräfe an jenem kalten Januar-Freitag um 22.27 Uhr den Klassiker abpfiff. 80.708 Zuschauer sorgten für eine prickelnde Atmosphäre auf den Rängen. Sie sahen ein kampfbetontes Spiel, in dem beide Teams ihre jeweils erste richtige Chance zum Torerfolg nutzten: Frei traf zum 1:0 (12.), van Buyten zum 1:1 (25.). Danach Bayern überlegen und mit der Führung noch vor der Pause durch Makaay (42.). Doch der BVB kämpfte sich zurück und bejubelte in der 57. und 59. Minute einen Doppelschlag durch Frei und Tinga zum 3:2.
Es ist schon sehr schwierig, nach so einem Spiel etwas halbwegs passendes zu schreiben... Ich bemühe mich mal um Sachlichkeit
Einerseits wäre, wenn man es denn vorher gewußt hätte, ein 0:0 gegen Bayern im Bereich einer Sensation gewesen. Andererseits muß man sich, bei nicht genutzten, vier hundertprozentigen Chancen doch etwas ärgern, nicht doch den finalen, bajuwarischen Rettungsschuss angesetzt zu haben, das lief im Januar deutlich besser - siehe auch vorangegangenes Posting. Drei zu zwei Ecken für uns, sieben zu fünf Torchancen und das erste Saisonspiel, in dem dem FCB kein Tor gelang sprechen eine deutliche, wenn auch nur statistische Sprache, denke ich.
Andererseits ergaben sich für das zusammengekaufte Ensemble aus der bayerischen Landeshauptstadt ebenfalls zwei sehr gute Chancen. Und dann noch eine seitens Herrn Merk nicht gegebene rote Karte für Philip Degen nach dessen Notbremse gegen Miroslav Klose...
Wie gesagt, ein Fazit ist schwer. Vielleicht war auch ein Null zu Null genau das richtige Ergebnis? Die Medien notieren heute mehrheitlich, daß der Punkt für den FCB glücklicher war, als für uns und das ist ja auch schon mal was.
Näheres vielleicht noch ein andermal, ich muß auch erst nochmal drüber schlafen...
Ach ja, Fotos hierzu demnächst auch im dafür eigenen Thread.
Wenn man Hardy Grüne besuchen will, sollte man entweder gutes Kartenwerk oder ein Navigationssystem an Bord haben. Irgendwo in der Nähe der niedersächsischen Universitätsstadt Göttingen, am Ende aller Autobahnen, fast schon Sachsen-Anhalt. Rasende Bauernsöhne mit tiefer gelegten VW-Polos machen die Landstraßen unsicher. Hardy Grüne, der eine Vielzahl von Standardwerken zur Fußballgeschichte vorgelegt hat und dem die FAZ den Ehrentitel „das Gedächtnis des Fußballs“ verlieh, hat jetzt die Fußball-Welt erforscht. Der erste Band seiner „Weltfußball Enzyklopädie“ ist gerade erschienen.
Es gab immer Überlappungen zwischen beidem: Ich habe überall Welt entdeckt und ich habe überall Fußball entdeckt. Ich habe Regionen erforscht, in denen der Fußball historisch keine Rolle spielt, aber dennoch gegenwärtig präsent ist. Wir müssen uns von dem starren Gedanken an „die eine Welt“ in Teilen unserer Wahrnehmung verabschieden. Die Globalisierung hat viele Gesichter und es gibt viele kleine soziale und auch fußballerische Welten, die ihr Eigenleben pflegen – relativ unabhängig von den globalen Entwicklungen.
Nehmen wir die Mongolei. Ich habe mich mit einem Mongolen über die Bedeutung des Fußballs in seinem Land unterhalten, und wir haben dort Verschiebungen festgestellt. Früher spielte der Fußball definitiv keine Rolle, aber seit einigen Jahren entwickeln sich unter den schwierigen geografischen Bedingungen ganz konkrete Anfänge. Und ein Anfang ist ein Anfang.
Vergleichen wir Skandinavien und Südeuropa. Schweden hat einen fast sozialdemokratischen Fußball hervorgebracht. Dort hat der Sport traditionell eine starke soziale Komponente, denn über ihn sollte die Kultur und die Gesellschaft gefördert und den Menschen eine Freizeitmöglichkeit geboten werden. Dieser Gedanke hat nicht nur den Breitensport, sondern auch den Spitzensport beeinflusst. Dagegen hat der Fußball in Italien und Spanien eine starke politische Komponente. In Italien wurde der „Calcio“ durch Mussolini und den italienischen Faschismus instrumentalisiert. Die WM 1934 geriet zur Propagandaveranstaltung des „Duce“, und gleichzeitig versuchte er innenpolitisch durch die fußballerische Stärkung des Südens, das klassische Nord-Süd-Gefälle im eigenen Land abzufedern. In Spanien gibt es die Verflechtungen mit den regionalen Identitäten, Katalonien, das Baskenland, Madrid als ungeliebte zentralistische Hauptstadt, und die vorhandenen Nachwehen des Bürgerkrieges der 1930er Jahre. Ohne Kenntnis dieser Dinge kann man den spanischen Fußball in seiner Bedeutung nicht erfassen, auch wenn heute etliches eher zur „Folklore“ geworden ist. „Fußball“ ist also ein gemeinsamer und globaler Nenner, der in fast jedem Land ganz anders ausgeprägt ist.
Das „Wunder von Bern“ 1954 war für das deutsche Wirtschaftswunderland eine wichtige nationale Erfahrung und eine Stärkung des Selbstwertgefühls. In Lettland spielte die erfolgreiche EM-Teilnahme 2004 eine erhebliche Rolle bei der Stärkung der eigenen nationalen Identität des jungen Staates. Oder der Irak. Dort kann man zumindest die Hoffnung haben, dass sich der Gewinn der Asienmeisterschaft 2007 positiv auf die Gesellschaft auswirkt. Immerhin spielten und feierten für einen kurzen Moment alle Bevölkerungsgruppen zusammen, Schiiten, Sunniten und Kurden. Ob es langfristig einen Push-Effekt gegeben hat, gehört zu den spannenden Entwicklungen der Gegenwart. 2007 gab es mit dem Arbil FC erstmals einen Meister aus dem kurdischen Norden. Unter Saddam Hussein wäre dies unmöglich gewesen.
Die Färöer-Inseln zum Beispiel waren, sind und werden immer Exoten bleiben. Das Land ist zu klein und die Anzahl der Fußballer zu gering, um wirklich eine gute „Elf“ aufbieten zu können. Das Klima ist zu rau, um ballverliebte Maradonas hervorzubringen. Mit dem Auseinanderbrechen der UDSSR und Jugoslawiens setzte Anfang der 1990er eine Schwemme von kleinen Staaten ein, die ihren Platz in der FIFA beanspruchten. In diesem Zuge meldeten auch Andorra und San Marino eine Nationalmannschaft an. Von den Rahmenbedingungen her können diese Teams aber gar nicht „groß“ werden und werden immer Underdogs bleiben. Bei anderen Ländern wie Zypern oder das Fürstentum Liechtenstein spielen Komponenten wie systematische Nachwuchsförderung, ein professionelles Umfeld, Finanziers oder das Vorhandensein einer „goldenen Generation“ eine Rolle. Luxemburg erreichte so 1964 immerhin das Viertelfinale bei den Europameisterschaften und dann ging es bis zum heutigen Tiefpunkt jahrzehntelang bergab. Jedes Land muss also „für sich“ begriffen werden.
Meines Erachtens liegt die Zukunft des globalen Fußballs in Asien, sicherlich eher als in Afrika, wo viele Länder nach wie vor ökonomisch von Weltprozessen abgekoppelt sind. Dagegen werden sich China, Südkorea und Japan auch fußballerisch stabilisieren und weiter entwickeln und der große „schlafende Riese“ des Kontinents, nämlich Indien, ist noch gar nicht erwacht. Allein die Masse der Menschen lässt erahnen, wie viel Potential noch vorhanden ist - in alle Richtungen: als fußballerische Talente, als Zuschauer, als Aktive im Breitensport oder als Konsumenten von Fan-Artikeln. Die kommenden Weltmeisterschaften werden diese Prognosen bestätigen, auch wenn es kein Prozess eines Jahrzehnts sein wird.
Der abgelaufene Bundesligaspieltag brachte gleich vier Erkenntnisse:
1. Der FC Bayern kann tatsächlich Spiele verlieren - und das sogar halbwegs deutlich! Offensichtlich hat sogar ein Ottmar Hitzfeld Probleme, die zusammengekaufte Startruppe richtig einzustellen und zu motivieren, anders kann ich mir persönlich die seit drei Wochen in der Bundesliga gezeigten Leistungen nicht erklären. Das dieses Ensemble einmal müde ist und vergeigt, gut und schön. Das man aber in drei Bundesligapartien hintereinander sieben Punkte abgibt, ist mir bei der Breite und Qualität dieses Kaders eigentlich unverständlich, demzufolge gilt für mich auch das Argument der doppel- und dreifachen Belastung nicht, den diese hat der FCB eigentlich jede Saison und sie ist bereits in Jahren, in denen nicht dermaßen mit Millionen um sich geworfen wurde, besser verkraftet worden. In zweiter Linie überrascht auch der Zeitpunkt dieser kleinen Schwäche, denn die Saison ist noch nichtmal zur Hälfte rum und zumindest ein Drittel dieses Kaders sollte frisch wie der junge Morgen sein, wenn man die Zahl der bisher absolvierten Spiele ebendieses Drittels ansieht. Das in der Mannschaft zumindest eine gewisse Gereiztheit vorliegt, offenbarte am Samstag die rote Karte von Lucio wegen einer Tätlichkeit doch recht deutlich. Vielleicht bleibt es auch mal wieder bei der Weisheit, dass der FCB eben doch ein wenig "FC Hollywood" ist und sich oft auch nur selbst schlagen kann. Warten wir ab, was kommt, Bremen und Hamburg sitzen mit nur einem winzigen Pünktchen Abstand in Lauerstellung und wenn man sich die Kommentare eines Karl-Heinz Rummenigge anhört, darf man davon ausgehen, dass dies nicht so beabsichtigt war - man erinnere sich an den Spruch des Uli Hoeneß, daß die Bundesliga-Konkurrenz die Bayern in dieser Saison allenfalls mit dem Fernglas sehen werde - daß genau dies nach immerhin bereits dreizehn absolvierten Spielen nicht der Fall ist, ist für mich persönlich das bisher mit bemerkenswerteste an dieser Saison.
2. Wenn's so weiter gehen sollte und nach der Winterpause nichts tiefgreifendes passiert, stehen die Absteiger bereits fest! Tja, dazu ist eigentlich wenig zu sagen, wenn man das Büro mit einem leidgeprüften Fan des MSV Duisburg teilt. Aber sachlich: Nürnberg führt zur Halbzeit 1:0 in Bielefeld und gibt das Spiel noch mit 3:1 verloren, Duisburg spielt gegen Bochum, letztere haben genau zwei Chancen, machen aber zwei Tore und gewinnen. Cottbus vergeigt auswärts beim anderen Ostclub Rostock, was nun weniger verwunderlich ist. Spricht alles nicht gerade für Moral und Zukunft der drei betroffenen Clubs, zumal alle vor ihnen in der Tabelle gepunktet haben... Arme Zebras - um den Rest ist's weniger schad'...
3. Borussia Dortmund tritt mal schön auf der Stelle und hat bis jetzt genauso viele Zuschauer und Punkte wie zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison! Tja... Da ist wenig zu zu sagen - der Trainer drückte es recht treffend aus: Wie gegen Bayern, eine gefühlte Niederlage... Kommenden Spieltag auswärts in Nürnberg, danach nach Stuttgart. Lichtblick: 76.300 Zuschauer - bei dieser Leistung und dem Tabellenstand ein klarer Treueschwur des Publikums...
Soweit zu meinen persönlichen Thesen des Wochenendes. Die Diskussion dazu ist wie immer offen für jedermann, wobei ich angesichts der Frequentierung hier im Forum keine große Hoffnung habe, daß sich eine entwickelt
Mal abgesehen von der Frequentierung des Forums: Mit wem willst Du denn hier über Fußball diskutieren? Haben sich irgendwelche Fans hier versteckt, die so viel Ahnung wie Du haben und somit eine Diskussion lostreten könnten?! Du redest doch alle in Grund und Boden...
Es könnte ja immerhin sein, dass ich unter den zig Mitgliedern, die sich anmelden, aber nie was posten, mal jemand aus der Reserve locke Und in Grund und Boden reden möchte ich keinen, aber wenn ich was zu sagen oder schreiben habe, tu' ich das. Für One-Word-Postings gibts hier andere Threads, man hat ja schließlich einen gewissen Anspruch an sich selbst